In mehr als 20 Jahren hat der Kongo-Krieg bereits über 6 Millionen Tote gefordert. Die Bevölkerung leidet, die Verbrechen des Krieges wurden nie juristisch verfolgt. Viele sehen in dem Konflikt eine der entscheidenden wirtschaftlichen Verteilungsschlachten im Zeitalter der Globalisierung, liegen hier doch die wichtigsten Vorkommen vieler High-Tech-Rohstoffe.
Für „Das Kongo Tribunal“ gelingt es Milo Rau, die Opfer, Täter, Zeugen und Analytiker des Kongokriegs zu einem einzigartigen zivilen Volkstribunal im Ostkongo zu versammeln. Er lässt erstmals in der Geschichte des Krieges drei Fälle exemplarisch verhandeln und entwirft ein unverschleiertes Porträt des grössten und blutigsten Wirtschaftskriegs der Menschheitsgeschichte.
ZUM PROJEKT
Die Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit im Ostkongo und auf globaler Ebene ist die bisher „größenwahnsinnigste Arbeit“ (arte) des Regisseurs Milo Rau. Und sicher ist es auch sein größtes Projekt, das 2013 mit den ersten Recherchen vor Ort begann, 2015 zu den Tribunalen in Bukavu und Berlin führte und sich jetzt als Film und als transmediales Narrativ auf zahlreichen Plattformen fortsetzt.
Das Webformat verlängert Inhalte des Tribunals in den digitalen Raum um die überwältigenden, schwer greifbare Fakten interaktiv erfahrbar und deren größerer, globaler Zusammenhang sichtbar zu machen. Das „Nichtgesehene“ der untersuchten Fälle durchlebt das digitale Publikum im Doku-Game „Zeuge J“, das Ergebnis einer einzigartigen kreativen Zusammenarbeit zwischen dem kongolesischen Polit-Illustrator Kayene und dem deutschen Game Development Studio Monokel. Verknüpft mit dem Doku-Game führt ein umfassendes Online-Archiv Informationsstränge, Hearings und Analysen zusammen und macht so das Gesamtprojekt weltweit zugänglich. Release: Herbst 2017.
Der Kino-Release wird zudem unterstützt durch eine Buch-Veröffentlichung und eine Symposien-Tour. Zwei Jahre nach den Hearings werden in Spielstätten der Demokratischen Republik Kongo (Juli 2017) und später in Theatern in Deutschland und der Schweiz die grundlegenden Themen des Tribunals erneut aufgegriffen und mit Kernmitgliedern des Tribunals und unmittelbar Betroffenen weiterentwickelt. Die Tour begleitet eine mobile Virtual Reality Installation, die dem Publikum einen immersiven Einstieg in das Projekt ermöglicht.
ZUM REGISSEUR – MILO RAU
Der Schweizer Milo Rau (*1977 in Bern) studierte Soziologie, Romanistik und Germanistik in Paris, Berlin und Zürich, u. a. bei Pierre Bourdieu und Tzvetan Todorov. Seit 2002 veröffentlichte er über 50 Theaterstücke, Filme, Bücher und Aktionen, die an allen großen internationalen Festivals zu sehen waren, u. a. am Theatertreffen Berlin, Festival d’Avignon, Biennale Teatro die Venezia, Wiener Festwochen und Kunstenfestival Brüssel und durch über 30 Länder weltweit tourten.
Der vielfach ausgezeichnete Milo Rau wurde 2017 mit dem Peter-Weiss-Preis, dem 3sat-Preis, der Saarbrücker Poetikdozentur für Dramatik und in der Umfrage der Deutsche Bühne als „Schauspielregisseur des Jahres“ gekürt. In 2016 wurde er mit dem ITI-Preis zum Welttheatertag geehrt. Rau ist nach Theaterkünstlern wie Frank Castorf, Pina Bausch, George Tabori, Heiner Goebbels oder Christoph Marthaler der bisher jüngste Träger des renommierten Theaterpreises. „Five Easy Pieces“ wurde 2016 als erste nicht-inländische Produktion mit dem Spezialpreis der Jury der Belgischen Theaterkritik ausgezeichnet und 2017 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Ab der Saison 2018/19 übernimmt Milo Rau die Direktion des Nationaltheaters in Gent.
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