Man of Steel
Das Cape übergeworfen, Popcorn in die Tüte und ’ne eiskalte Cola in die Hand genommen, denn: Superman ist zurück in den Kinos und schickt sich an, die Welt erneut zu retten. Mit sich selbst als Superlative, kracht der Mann aus Stahl („Man of Steel“) in die deutschen Kinosäle. Doch es ist keine Fortsetzung, die Zack Snyder und Christopher Nolan hier erzählen, sondern der Anfang. Es ist ein Reboot, ein Zurück-auf-Anfang. Der Man of Steel wird neugeboren, um die Welt, das Universum und gar sich selbst zu retten.
Die Idee zu „Man of Steel entstand“ während der Arbeit an „The Dark Knight Rises“. David S. Goyer und Christopher Nolan litten unter einer Schreibblockade. Um diese zu lösen, fabulierten die beiden über einen Superman-Film, tauschten lustig Ideen aus und schlussendlich entstand daraus tatsächlich ein Film. Im Grunde genommen macht das Batman wohl zum Vater von Superman – jedenfalls im übertragenen Sinne.
Vater und Sohn, darum dreht sich „Man of Steel“ schlussendlich auch. Die Beziehung zwischen Clark und seinem Vater Jonathan Kent (Kevin Costner) und die Beziehung zwischen Kal-El und seinem Vater Jor-El (Russell Crowe). Beide Männer sind starke Persönlichkeiten mit Visionen, beide sind bereit für ihre Ideale zu sterben. Hier sind starke Gefühle im Spiel, starke Vorbilder, die mit entsprechend starken Darstellern besetzt wurden. Costner und Crowe bringen ihre ganze Männlichkeit ein, zeigen im richtigen Augenblick die harte Schale, um rechtzeitig den weichen Kern zu offenbaren. Genau die passende Mischung, um ein gewaltiges Drama zu inszenieren. Aber leider mangelt es an Zeit, um eine tiefgründige Geschichte zu erzählen. Regisseur Zack Snyder und Produzent Christopher Nolan haben sich nämlich in imposanten Bildern, einer allzu ernsten Charakterdarstellung und einem Actionspektakel in Dauerschleife verloren.
Das zeigt bereits der Anfang des Films ganz deutlich. Die Heldengeschichte beginnt mit der Geburt von Kal-El, dem Nachkommen von Jor-El. Eingebettet in ein gewaltiges Spektakel, einem Feuerwerk an Spezialeffekten und einer Galerie an bunter Science Fiction. Kal-El ist der Heilsbringer, der Messias einer sterbenden und einer fremden Welt. So will es jedenfalls sein Vater und schießt den Sohnemann in den Weltraum. Wie Kal-El nun das explodierende Krypton ohne passende Kryptonierin retten soll, bleibt unbeantwortet. Wie das bei Actionfilmen nun einmal üblich ist, kommt es auch bei „Man of Steel“ zu etlichen Logiklöchern.
Jedenfalls wird noch auf Krypton der Bösewicht des Films in Szene gesetzt und in die Verbannung geschickt, dann fliegt der Planet in die Luft und es geht auf der Erde weiter. Anstatt chronologisch fortzufahren wie angefangen, erzählen Nolan und Snyder die Geschichte von Clark Kent in Rückblenden. Einige wichtige Punkte werden dabei ausgeklammert und höchstens im Rahmen eines kurzen Dialogs angesprochen. Bereits im Vorfeld etwas über die Figur des Supermans zu wissen, ist von Vorteil. Vor allem da öfter mit der allgemein bekannten Geschichte gebrochen wird. Kal-El (dargestellt von Henry Cavill), auf der Erde als Clark Kent bekannt, offenbart schon mal seine sich langsam entwickelnden Superkräfte und schlussendlich weiß auch Lois Lane (gespielt von Amy Adams) sehr schnell, wer der Mann aus Stahl ist – der erst spät im Film seinen Spitznamen „Superman“ bekommt. Beinahe kommt das Gefühl auf, der Film würde sich für den Spitznamen schämen und auch das Kostüm sei zu kindisch, lässt die Ernsthaftigkeit vermissen, die der schwarze Anzug Batmans ausmacht.
Immerhin hat Christopher Nolan mit seiner Batman-Trilogie die Superhelden des DC-Comic-Universums ein gutes Stück in Richtung Ernsthaftigkeit getrieben, sie bodenständiger gemacht und mehr an unsere Welt angeglichen: Ob Gotham City oder Metropolis, bei Nolan sieht alles nach New York aus. Und dem folgt auch Snyder. Der ist zwar dafür bekannt imposante Bilder zu zeigen, oft aber die eigentliche Geschichte hinter seinen Visionen zu verbergen. Als Beispiel dient vor allem „Sucker Punch“, ein Film, der erst durch den Extended Cut gut wurde – aber nicht gut genug.
Und so ist es auch die Humorlosigkeit, die das Kryptonit von „Man of Steel“ bildet. Der Humor, die laxe Art mit dem Thema „Mann in bunter Strumpfhose“ umzugehen, die macht einen Teil der Menschlichkeit von Superman aus. Hier fehlt der Humor und dadurch wirkt Superman unmenschlich, was auch durch seine Herkunft stets betont wird. Superman ist ein Alien und dieser Abstammung verpflichtet. Er ist das Überwesen, der Messias, der Heilsretter der Welt, der schwermütig und allmächtig zwischen Leben und Tod, Sterblichkeit und Göttlichkeit abwägt. Erkundete Superman bisher stets seine außerirdischen Wurzeln als Mensch durch Erziehung, erkundet er nun das Menschsein als Außerirdischer durch Abstammung.
Und weil solch eine außerirdische, unbesiegbare Wesenheit keinen Feind auf Erden hat, schmeißen Snyder und Nolan dem Mann aus Stahl seine Artgenossen entgegen, hier in Form von General Zod. Er wird von Michael Shannon gespielt, der Zod als stets grimmigen Krieger darstellt – ohne schauspielerisch in die Trickkiste greifen zu müssen. Ein langweiliges Spiel.
Supermans wahre Schwäche ist eigentlich seine Menschlichkeit – doch die fehlt im Film vollständig. Prägung und Erziehung, Liebe und Freundschaft sind nur aufgesetzte Klischees, über die ein Kal-El einfach hinwegspringt, sich regelrecht hinwegsetzt. In die Tiefe zu gehen, das menschliche Sein auszuloten und auszunutzen, das fehlt dem Film vollkommen. Stattdessen gestaltet sich das Finale als lieblose Prügelorgie. Superman wird durchs Haus geprügelt, Zod wird durchs Haus geprügelt, Superman wird durchs Haus geprügelt, Zod wird durch Haus geprügelt. Eine unoriginelle, langweilige, ermüdende Sache. Imposant in Szene gesetzt, zugegeben, aber es sind halt nur schöne Bilde und satte Sounds, die der Zuschauer bald über hat. Und was sonst noch an Action inszeniert wird, ist bereits aus anderen Actionkrachern der letzten fünf Jahre bekannt.
Auch sehr übel und ermüdend, sind die steten Rückblenden. Kaum baut sich etwas Spannung auf – ZACK! – Rückblende. Der Zuschauer muss sich augenblicklich auf eine andere Szene einlassen, die eigentlich zu kurz dafür ist und schon geht es wieder in die Gegenwart. Aber zu einem anderen Punkt. Es scheint manchmal, als hätte Superman sein Leben in ein Fotoalbum geklebt und zeigt es, nach einem harten Superhelden-Alltag, seinem Kumpel Batman.
Der Film ist einfach nur auf den ersten Blick super, entpuppt sich aber schnell als Actionhühlse ohne echte Substanz. Das schmälert vor allem die Leistung mancher Darsteller. Henry Cavill ist schon ein knackiger und kantiger Kal-El, leider ohne Raum um Menschlichkeit zu zeigen. Er wird an der kurzen Leine gehalten. Das gilt auch für Amy Adams, die als Lois Lane eine knallharte Reporterin mimt. Um sich von der Original-Story und den anderen Superman-Verfilmungen abzuheben, weiß sie sofort wer Superman ist. Dem Zuschauer wird also noch nicht einmal das liebgewonnene Scharadespiel gegönnt.
Durchweg hervorragend sind Russell Crowe und Kevin Coster. Sie sind verdammt gut und überzeugen trotz der wenigen Zeit, die ihnen auf dem Bildschirm vergönnt wird. Und beide Male wird das Ende ihrer Figuren als unnötiges und dummdreistes Opferstück inszeniert. Goyer und Nolan mangelte es offensichtlich nicht nur an Ideen für Batman, sondern auch an Ideen für Superman.
Ein langer Text, der zu einem kurzen Fazit führt: Die bunte Action kaschiert einen blassen Superman-Film.
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Man of Steel
Produktionsland: USA (2013)
Originalsprache: Englisch
Länge: 143 Minuten
Altersfreigabe: FSK 12
Regie: Zack Snyder
Drehbuch: David S. Goyer, Christopher Nolan (Story)
Produktion: Christopher Nolan, Lloyd Phillips, Charles Roven, Deborah Snyder
Musik: Hans Zimmer
Kamera: Amir M. Mokri
Schnitt: David Brenner
Besetzung: Henry Cavill (Clark Kent/Superman), Amy Adams (Lois Lane), Russell Crowe (Jor-El), Kevin Costner (Jonathan Kent), Diane Lane (Martha Kent), Michael Shannon (General Zod), Laurence Fishburne (Perry White), Christopher Meloni (Colonel Hardy), Jadin Gould (Lana Lang), Antje Traue (Faora), Tahmoh Penikett (Emerson), Ayelet Zurer (Lara Lor-Van)
Und wieder das Geld für’s Kino gespart 😉
Der Günther entwickelt sich langsam zum Umsatzkiller der Kinofilmproduzenten, was meinst du, Micha? 😉
Nein, nein. Das ist schon ok, wie Günther das macht.
Wäre ich in den und andere, die auch keine gute Kritik bekommen haben, reingegangen, wäre ich vielleicht frustriert gewesen. Und dann würden nicht mal die eine Chance bekommen, die gut sind.
Also, lieber nur die nicht sehen, die nichts taugen. Das fördert das Image der Filmemacher. Diejenigen, deren Filme dann nicht so gut ankommen, sollten sich überlegen, ob sie statt der Millionen, die sie für CGI-Spezis investieren, nicht mal den einen oder anderen Dollar mehr für ein stimmiges und erwachsenes Drehbuch ausgeben wollen.
Leider werden die das nie anhand der paar Hanseln, die weniger ins Kino gehen, merken. Und wenn, würden die das in der heutigen Zeit eher auf zu wenig Puff und Päng und viel zu dialoglastige Skripte schieben (auch wenn man sich den kompletten Text manchen Films in einem Rutsch merken kann).
Ergo: es wäre schön, wenn solche Rezis die miesen Filme „killen“ und die anderen stärken könnten 😉
Erwachsenes Drehbuch ist gut, aber daraus wird sowieso nichts, da in den USA fast ausschliesslich für ein jüngeres Publikum gedreht wird, jedenfall was Actionfilme und Filme mit Actioneffekten angeht. Das kannste also knicken …